Dienstag, 13. Oktober 2015

Wirtschaft: Ein Gespenst geht um....

Ein Gespenst geht um auf der Welt - das Gespenst der Privatisierung. 

Wann immer Staaten lästige Dienstleistungen, die sie ihren Bürgern in der Vergangenheit angeboten haben, loswerden wollen, ohne sie wirklich abzuschaffen, oder einfach mal wieder einen Schwung neues Geld in die Staatskasse brauchen, greifen sie zu einem altbewehrten Verfahren, das wohl zu den Umstrittensten weltweit gehört. Die Rede ist von der Privatisierung von Staatseigentum, beziehungsweise dem outsourcen von staatlichen Leistungen an private, gewinnorientierte Unternehmen. 
Das diese Praxis gerade in heutigen Zeiten aktuell ist, zeigen die Pläne der italienischen Regierung, die italienische Post zu privatisieren und auch die Flugsicherung Enav und das Bahnunternehmen FS sollen zumindest teilweise veräußert werden. Nach den Plänen der internationalen Geldgeber soll ähnliches in Griechenland in einem weit größeren Ausmaß passieren. Davon erhoffen sich die verantwortlichen Regierungen erhebliche Geldmittel zum Schuldenabbau in den beiden immer noch hoch verschuldeten Staaten. Doch nicht nur in den krisengebeutelten südeuropäischen Staaten, sondern auch hier in Deutschland spielen nicht wenige Politiker, trotz zahlreicher Proteste der Verbraucher, mit dem Gedanken Leistungen wie die Müllentsorgung, die Betreibung von Freizeitanlagen oder die Wasserversorgung, die heute in den meisten Regionen Deutschlands in den Händen der Kommunen liegen, in die Verantwortung privater Unternehme zu legen. 

Manche Befürworter dieser Maßnahmen, sehen eine Verschlankung des Staates als erstrebenswertes Ziel. Ihrer Meinung nach stehen staatliche Monopole, wie es sie in Deutschland früher beim Schienenverkehr und heute noch beim Straßennetz gibt, der Entfaltung des freien Marktes, den sie für das beste Instrument zur Festlegung von Preisen halten, im Weg. Könnten sich die Preise nach Angebot und Nachfrage bilden, wären sie, der Ansicht dieser Privatisierungsbefürwortern nach, fairer und würden besser den tatsächlichen Wert der Leistung darstellen. Dafür dass sie für Dienste, die früher kostenlos waren beziehungsweise zu sehr niedrigen Preisen zu erhalten waren, nun deutlich höhere Preise berappen müssten, würden die Bürger durch Steuererleichterungen entschädigt. Dieser Theorie folgend fordern einige Marktradikale sogar die Privatisierung von Dingen, die heutzutage selbstverständlich in den Händen des Staates liegen, wie dem Straßennetz, dem Bildungssystem oder den Sozialversicherungen.
Bei diesen Ausführungen übersehen diese Wirtschaftsliberalen aber zwei Dinge. Zum ersten scheinen sie auszublenden, dass bei der freien Preisbildung nach Angebot und Nachfrage Konkurrenz zwischen den Anbietern bestehen muss, damit sich ein gerechter Preis bilden kann. Auf dem Gebiet von vielen Leistungen, die der Staat anbietet, besteht ein staatliches Monopol. Würde dieses privatisiert, entstände dann logischerweise ein privates Monopol, bei dem er private Eigentümer, des Monopols, der sich natürlich nicht wie der Staat am Gemeinwohl, sondern an seinen Profitwünschen orientiert, die Preise frei festsetzen könnte. So hat der Staat beispielsweise ein Monopol auf das Straßennetz. Daher gibt es zwischen vielen Orten nur eine einzige schnelle Straßenverbindung. Würde das Straßennetz nun privatisiert und eine Person müsste von einem Ort in einen Anderen, wäre sie gezwungen dem neuen Besitzer der Straße zwischen den beiden Orten jeden Preis bezahlen, den er verlangt oder zu Hause zu bleiben. Die Folge wäre selbstverständlich, dass die Preise für die Straßenbenutzung in die Höhe schnellen würden. Der einzige Weg hier den freien Wettkampf zu sichern, wäre parallel zu jeder bestehenden Straße eine zweite zu Bauen, die dann an jemand anderes verkauft werden müsste. Wer die Geldmittel für diesen Umbau aufbringen soll, ist dann wiederum fraglich. Man sieht, gerechtere Preise werden durch Privatisierung nicht wahrscheinlicher, sondern vermutlich werden die Preise eher ungerechter.
Zum anderen ist es auch nicht korrekt, dass man die Bürger durch Steuererleichterungen für die neuen Preise entschädigen könnte. Dies liegt daran, dass Steuern in Deutschland abhängig vom Lohn sind. Würde man also die Steuern nach einer  Privatisierung um 1% senken, hätte ein Gutverdiener einen deutlich größeren Gewinn davon, als ein Geringverdiener, einfach deshalb weil ein 1% von seinem Lohn mehr sind als 1% vom Lohn des anderen. So könnte es sein, dass Geringverdiener nicht einmal um die Summe der neuen Preise entlastet werden, während Gutverdiener dann sogar deutlich mehr Geld zur Verfügung hätte. 

Des Weiteren muss beachtet werden, dass viele Sparten, in denen der Staat ein Monopol hat, nicht wirklich lukrativ sind, wenn man die Bürgerrechte, die im Grundgesetz verankert sind, achtet. So müsste auf einem privatisierten Straßennetz, jeder Mensch zu jeder Zeit überall hin kommen, wenn man das Grundrecht auf Mobilität nicht einschränken will, in einem privatisierten Schulsystem müsste jeder Schüler unabhängig von seiner finanziellen Lage die Schulform besuchen können, die seinen Leistungen entspricht, wenn man das Recht auf Bildung weiter achten will, und in einem privaten Sozialversicherungsrecht müsste jeder Bürger einen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen haben, die sich aus dem Recht auf Leben und der Würde des Menschen herleiten.
Um diese Sparten für private Investoren interessant zu machen, müsste der Staat also kräftige Subventionen in Aussicht stellen, die ihn langfristig mehr kosten könnten, als er durch die Privatisierung direkt verdient. 

Man sieht, Privatisierungen erfüllen nicht nur den Zweck, den sie der Ansicht ihrer Befürworter nach haben, nicht, sie bringen nicht zwingend gerechtere Preise mit sich, entlasten den Steuerzahler nicht wirklich und bringen in vielen Fällen nicht einmal einen dauerhaften Gewinn für die Staatskassen. Gleichzeitig bedrohen sie den Sozialstaat und können dazu führen, dass auf die Dauer Grundrechte der Bürger eingeschränkt werden.


Dieses Gespenst kann einen völlig zu Recht den Schlaf rauben.

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