Samstag, 29. August 2015

Geheimdienst: Wer kontrolliert die Kontrolleure?

Nach zahlreichen Enthüllungen Edwards Snowdens, zahllosen BND und NSA Skandalen und mehr als einem erfolglosen Aufklärungsversuch, sollte inzwischen eines den Menschen in den westlichen Demokratien klar sein: Auch die Geheimdienste ihrer Länder spionieren nicht nur ihnen feindlich gesinnte Nationen und sogenannte Terroristen, sondern auch das eigene Volk aus. Alle Geheimdienste der Welt nutzen ihre nachrichtendienstlichen Möglichkeiten vor allem auch zur Überwachung des eigenen Volkes.

Wer von dieser Neuigkeit nun aber überrascht und schockiert ist, sollte sich eines klar machen: Das Ausspionieren des eigenen Volkes gehört zum Naturell eines Geheimdienst.
Schon der allererste staatliche Geheimdienst, den der Brite und radikale Protestant Francis Walsingham im 16. Jahrhundert in Großbritannien aufbaute, spionierte in erster Linie nicht die katholischen europäischen Mächte wie Spanien und Frankreich, mit denen sich das protestantische England zu dieser Zeit im Krieg befand, aus, sondern überwachte vor allem englische Katholiken, denen man eine Kooperation mit dem Feind unterstellte. Hier zeigte sich auch schon, dass Geheimdienste dazu neigen, brutaler und rücksichtsloser gegen vermeintliche Feinde der herrschenden Ordnung vorzugehen, als es den Herrschenden lieb ist. Als Walsingham, durch seine radikale Überwachung der Katholiken Wind von einer katholischen Verschwörung rund um die gestürzte schottische Königin Maria Stuart bekam, liess er diese und ihre Mitverschwörer kurzer Hand hinrichten, ohne mit der englischen Königin Rücksprache gehalten zu haben. Dieses mehr als konsequente Handeln machte die Stuarts erst zu Helden der schottischen Unabhängigkeitsbewegung, was den englischen Königen im Nachhinein wohl überhaupt nicht gefiel.
Auch bei den ersten Geheimdiensten auf deutschen Boden, stand die Überwachung des eigenen Volkes im Mittelpunkt. Nach den Kriegen gegen Napoleon, war in den Deutschen Teilstaaten eine Bewegung entstanden, die einen demokratischen Nationalstaat auf dem Boden der vielen kleinen Fürstentümer, die damals Deutschland beherrschten, forderte. Die Fürsten, die um ihre Macht fürchteten, schufen enge Netze aus Spitzeln und Geheimpolizisten, die es tatsächlich schafften, die Herrschaft des Adels in Deutschland bis 1918 zu erhalten.

Man sieht, Geheimdienste waren schon immer ein Instrument, um den Volkswillen zu unterdrücken und Feinde der herrschenden Ordnung zu überwachen und unschädlich zu Machen.
Doch inzwischen leben wir ja in einem Staat, der sich auf die Flagge schreibt, eine Demokratie, also eine vom Volk beherrschte Institution, zu sein. Wie kann es also sein, dass ein angeblich volks-freundlicher Staat eine so volks-feindliche Behörde wie einen Geheimdienst unterhält. 
Zu nächst einmal muss man zu Bedenken geben, dass jeder Staat, der einigermaßen wehrhaft sein und effizient seine Gesetzte und Werte durchsetzten will, einen Geheimdienst braucht. Er muss sich schließlich gegen Aggressoren von außen wie innen wehren. Doch, wie die Geschichte und die aktuellen Ereignisse rund um NSA und BND zeigen, neigen die Geheimdienst dazu, überall Feinde zu sehen und pauschal ganze soziale Gruppen oder sogar das ganze Volk unter Verdacht zu stellen und es dann zu überwachen. Eine Demokratie braucht also eine Behörde, die dazu neigt, mit dem Ziel sie zu schützen, gegen die ihr eigenen Werte und Normen zu verstoßen. Der Schlüssel um diesen Widerspruch aufzulösen, liegt in der Kontrolle. Eine Demokratie muss ihren Geheimdienst streng kontrollieren, um ihn innerhalb seiner auch für ihn geltenden rechtsstaatlichen Bahnen zu halten. 

Doch auch die Kontrolle kann Probleme bereiten, vor allem weil sich Geheimdienste naturgemäß dagegen sträuben, von einer Person, die nicht zu ihnen gehört, überwacht zu werden. Schließlich sollen die Aktivitäten des Geheimdienstes ja auch geheim bleiben. Wichtig ist, den richtigen Weg zwischen Kontrolle und Behinderung, zwischen Transparenz und Geheimhaltung, zwischen Überwachung und Erhaltung der Ordnung zu finden.
Um diesen Weg künftig zu beschreiten, hat die Deutsche Regierung aus Union und SPD nun angekündigt, einen Ständigen Sachverständigen zu beauftragen, der in alle Aktionen des Geheimdienstes eingeweiht werden und das Parlament darüber auf dem Laufenden halten soll. 


Man kann nur hoffen, dass es damit gelingt, Geheimdienst in das Demokratische System hierzulande zu integrieren. 

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